Interview Marco Burger - HIO

Mit dem Fokus “Sports Engineering” während seines Masterstudiums an der TU München konnte Marco Burger perfekt seine Vorstellungen von der Symbiose Spieler-Material weiterentwickeln. Seine Trainerausbildungen (C- und B- Lizenz) helfen ihm, technische Bewegungsmuster zu verstehen und bei der Materialauswahl zu berücksichtigen. “Plus-Handicapper”, Longdriver und der HIO-Gründer. Marco steht HIO auch nach seinem Ausstieg aus der Geschäftsführung als Advisor zur Verfügung.

Wie hat deine Zeit an der TU München und dein Fokus auf Sports Engineering deine berufliche Laufbahn geprägt?

Nach meinem Bachelor wollte ich keinen direkten Master machen – ich brauchte eine Pause von der Uni und wollte praktische Erfahrung sammeln. So begann ich bei Adidas/TaylorMade, um die Abläufe in einem großen Unternehmen kennenzulernen und mein Wissen anzuwenden. Dort wurde mir klar, dass es im Berufsalltag weniger um spezifische Studieninhalte geht, sondern um Prinzipien und präzises Arbeiten. Diese Erfahrung war wie ein Masterstudium für mich. Besonders wichtig ist mir die wissenschaftliche Herangehensweise: In der Produktentwicklung braucht es genaue Analysen, um fundierte Entscheidungen zu treffen. Nur so kann man Produkte wie Golfschläger objektiv bewerten und sinnvoll weiterentwickeln.

HIO gilt als das führende Fitting-Unternehmen in Deutschland und hat sogar schon zahlreiche Prominente angezogen – was macht HIO so besonders, und wie habt ihr es geschafft, euch diesen Ruf zu erarbeiten?
Ein Techniker in der Werkstatt baut einen Schläger

Genau wie bei Adidas/TaylorMade haben wir dann auch bei HIO über die Jahre viele prominente Gäste und Sportler betreut. Aber am Ende geht es uns gar nicht darum, ob die Person, die uns besucht, bekannt ist, besser oder schlechter Golf spielt, was uns auszeichnet ist, die Leistung des Service soll immer die gleiche sein. Der Kunde ist König, dafür unternehmen wir alles, dass diese zwei bis vier Stunden, die jemand bei uns verbringt, ein wirkliches Erlebnis und Mehrwerte liefern. 

Im Unterschied zu anderen Anbietern legen wir sehr viel Wert auf moderne Technologien und der ganze Fitting Prozess ist sehr wissenschaftlich gestaltet. Eigene Software zu entwickeln, ermöglicht uns, objektive Entscheidungen zu treffen und markenunabhängig zu beraten, ohne das Risiko suboptimaler Schläger-Kombinationen einzugehen. Deshalb arbeiten wir mit vielen Herstellern, um datenbasiert die beste Entscheidung für den Spieler zu treffen.

Das spürt man am Ende - wir wollen nicht verkaufen, sondern dem Spieler helfen. Klar, wir sind auch daran interessiert, dass unsere Spieler die nächsten Jahre mit ihrem Equipment zufrieden sind und nicht nur bei der nächsten Golfrunde.

Man hat uns erzählt, dass du ein echter Technik/Daten-Nerd bist. Wie würdest du deine Leidenschaft für Daten einem Spieler erklären, der immer noch überzeugt ist, dass Golf 'nur Gefühl' ist?

Ich bin definitiv ein Technik/Daten-Nerd. Es geht aber auch gar nicht anders, da wir bei HIO in den letzten 15 Jahren jegliche Technologie verwendet haben, die es auf dem Markt gab. Sei es Druck- und Kraftmessplatten, 3D-Motion-Systeme, wo man verkabelt wird oder Sensoren am Körper hat und jeder Winkel, jede Geschwindigkeit usw. gemessen wird. Launch-Monitoring auf dem neuesten Stand, Kameratechnik und vieles mehr. Mit diesen Geräten lassen sich viele spannende Sachen herausfinden. Die Kunst ist es, Daten herunterzubrechen, um sie dem Spieler oder der Spielerinnen zu erklären und die Key Message zu transportieren. Wir möchten Spieler nicht überladen mit Daten, sondern die wichtigsten Informationen mitgeben. Aber es gibt auch Spieler, die sagen, für mich ist das Gefühl das Allerwichtigste. Dann liegt es am Fitter, Daten in das Fitting zu übernehmen, ohne zu überfordern und trotzdem die Verbindung herzustellen. Wir können das Fitting auch darauf auslegen, dass der Spieler Feedback bezüglich des Gefühls gibt, gleichzeitig aber die Daten im Hintergrund laufen lassen, um zu zeigen, ob die Person mit dem Gefühl auch richtig liegt.

Wie viele Excel-Tabellen, Diagramme oder Apps würdest du verlieren, wenn dein Laptop plötzlich kaputt geht? 

Das mit dem Laptop ist vor zwei Jahren ungefähr so passiert, auf einem Rückflug aus den USA, wo ich von zwölf Stunden Flugzeit, acht Stunden am Laptop gearbeitet habe und sehr viele wichtige Tabellen eines größeren Projekts ausgefüllt hatte. Darin floss viel Herzblut - den Laptop habe ich im Flieger vergessen und nie wieder bekommen. 

Mittlerweile versuche ich, egal an was ich arbeite, öfter zu speichern, besser aufzupassen und mich, wenn möglich, irgendwie immer mit dem Internet zu verbinden, sodass nichts mehr verloren gehen kann.

Marco Burger am fitten eines Golfers bei HIO München
Bei HIO trackt und registriert ihr alle Schlagdaten – gibt es eine spezifische Metrik, die dich jedes Mal fasziniert, oder eine, die dir schlaflose Nächte bereitet?

Wir tracken seit über zehn Jahren Daten. Jeder Schlag unserer Kunden wird erfasst und  in eine Online- Database geladen. Wir tracken Spielertyp, Geschlecht, Körpermaß sowie den verwendeten Schläger inkl. Spezifikationen wie Schaft, Kopf und Golfball. Das Ganze können wir mit Millionen von Daten vergleichen und so Korrelationen und Zusammenhänge finden. So können wir unseren Fitting Prozess extrem verbessern und uns sehr viel sicherer sein, mit der Empfehlung die wir geben, weil es im Golf klare Muster gibt. Das ist es, was einem schlaflose Nächte bereitet, dass man sagt, am Ende gibt es drei, vier, oder fünf Probleme, mit denen der Amateur-Golfer zu kämpfen hat. Diese gilt es zu lösen, mit vielen, vielen Daten und entsprechend mehr Erfahrung. Durch den Schläger bekommt man eine Flugkurve nicht komplett korrigiert, aber man schafft Voraussetzungen dafür, dass der Spieler die Möglichkeit hat, sie über den technischen Parameter zu korrigieren. Das ist für mich die Faszination, die Hauptprobleme des Golfers zu verstehen und mittels Daten und Erfahrung zu lösen, damit er/sie mehr Spaß auf dem Golfplatz hat.

HIO Office München Eingangsbereich
Welcher war dein absurdester HIO-Moment – jemand, der einen Baseball Schwung imitiert hat oder dachte, ein Golfschläger sei auch ein Grillwerkzeug? Oder anders auch andersrum, was war dein schönster Moment? 

Absurde Momente gab es in 15 Jahren sehr viele. Wir führen eine Wall of Fame. Ein lustiger Moment war für mich, als ich einen Anfänger in seinem ersten Golfjahr zu Besuch hatte, bisher ohne Trainerstunde, mit Platzreife aus dem Urlaub. Dieser Spieler war definitiv der Meinung, dass der Putter nicht nur zum Putten dient, sondern eben auch für den Abschlag, weil er ja so wenig Loft hat. Ein Putter hat 3-4 Grad Loft. Deswegen hat er sich auch mit vollen Schlägen mit seinem Putter aufgewärmt. Sehr verstörend und man glaubt, der Spieler will einen auf den Arm nehmen.
Tatsächlich muss man aber sagen, wenn man den Ball trifft, dann fliegt der Ball gar nicht so schlecht. 

Der schönste Moment für uns ist, Spielern zu helfen, besonders wenn sie durch Alter oder Schmerzen den Spaß am Golf verlieren, aber ihr Hobby weiter ausüben wollen. Ein Kunde aus dem Münchner Golfclub, über 90 Jahre alt und immer noch mit einem Handicap von 18, beeindruckte uns mit positiver Ausstrahlung und guter Ballgeschwindigkeit, spielte aber mit veraltetem und unpassendem, zu schwerem Equipment. Wir passten seine Schläger an – leicht und altersgerecht – und ermöglichten ihm so viele weitere schmerzfreie Golfrunden mit Freude.

Welche Entwicklungen oder Innovationen im Bereich Golfausrüstung siehst du in den nächsten fünf bis zehn Jahren, und wie könnten sie das Spiel verändern?
Helix Golfschläger die auf einem Tisch liegen

In den nächsten fünf bis zehn Jahren wird es sicherlich technische Fortschritte geben, die den Ball weiter fliegen lassen, mehr Komfort bieten oder Fehler besser verzeihen. Entscheidend ist jedoch, den Fokus stärker auf das eigentliche Ziel im Golf zu legen: den Score zu verbessern. Am Ende macht es die meisten Spieler am glücklichsten, wenn sie besser spielen als ihr Handicap vorgibt. Dafür sollten sowohl neue Technologien als auch Training oder Analysen darauf abzielen, das Spielniveau nachhaltig zu steigern. Wenn diese Fortschritte zusätzlich zu schöneren Schlägen führen, ist das ein Bonus, aber letztlich zählt nur der Score auf der Karte. Es bleibt spannend, welche Innovationen wir in den nächsten Jahren dabei unterstützen werden.

Der Markt für Golfausrüstung ist ständig in Bewegung. Wenn du einen Schläger der Zukunft designen könntest, wie wäre er und welche ungewöhnlichen Features hätte er?

Eine Innovation wären Schläger mit integrierten Sensoren, die präzise Daten wie Treffpunkt, Geschwindigkeit und Ballflug analysieren, ähnlich einem Launch Monitor. Solche Technologien könnten echten Mehrwert bieten, auch wenn ihre Umsetzung in Bezug auf Gewicht und Komplexität noch Zukunftsmusik ist. Ein einfacheres Beispiel fällt mir auch ein: Es liegt ein Riesenpotenzial in nicht technischen und sehr einfachen Dingen, den Ausrichtungshilfen. Die Möglichkeit, durch Schläger, Bälle oder durch eine Kombination, dem Spieler mehr Hilfe bei der Orientierung der Schlagfläche, Schwungpfad und eben auch Zielen zu geben. Klingt sehr banal, läuft aber in den seltensten Fällen richtig.

Wenn du die Wahl hättest: Einen Driver, der jeden Ball 400 Meter weit schlägt, oder einen Putter, der nie daneben geht – was würdest du nehmen, und warum ist es dieser Schläger?

Ich würde mich definitiv für den Driver entscheiden, weil ich immer das Gefühl habe, es ist für jeden oder fast jeden Golfspieler der emotionalste Schläger, der am meisten Freude, aber auch die meisten Tränen bereitet. 

Es sind einfach die Schläge auf der Runde, die einem am meisten in Erinnerung bleiben. Klar ist es auch schön, wenn man einen langen Putt irgendwo einlocht und jeder freut sich darüber. Dennoch, glaube ich, hat es im Golf einfach nochmal einen anderen Stellenwert, einen schönen Abschlag, einen schönen Drive zu schlagen. Und für meinen Geschmack ist auch der Driver vom Ballflug her, vom Physikalischen nochmal spannender als der Putter.

Als Münchner bin ich stolz darauf, dass sich in Sachen Golf etwas bewegt in meiner Stadt und wir auch eigene Marken haben. Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Vice Golf?

Mittlerweile kommen Golfer aus der gesamten DACH-Region, Europa und sogar weltweit zu uns – ein großartiges Gefühl. Mit Vice sind wir seit Beginn verbunden, da beide Unternehmen zeitgleich gegründet wurden, den Golfmarkt disruptiv prägen und den Sport jünger und moderner machen. Vice überzeugt im Marketing und Design, während HIO durch Expertise in Datenverarbeitung, Wissen über Golfer und der Marke Helix punktet. Deshalb bündelten wir unsere Stärken: Bei Vice Golf wurde eine neue Produktentwicklung gestartet, die auf den letzten 10 Jahren Helix-Erfahrungen basiert. Ziel war es, Schläger im Top-Segment zu einem fairen Preis anzubieten. Der Slogan "Top Performance, half the price" trifft es gut: Die Schläger sehen cool aus, bieten hervorragende Performance und sind gleichzeitig erschwinglich. Ohne die umfangreichen Tests und Entwicklungen bei Helix wäre dieser Prozess viel aufwendiger und zeitintensiver gewesen – so konnten wir die Hauptprobleme von Amateurspielern effektiv angehen.

Vielen Dank für das Interview Marco.
Das Interview führte Nick.