Mehr Weite, mehr Leidenschaft: Sonya Knebel bringt frischen Wind in den Golfsport
In unserem Interview erzählt Sonya Knebel von ihrem Weg vom „Kind der Berge“ aus Garmisch-Partenkirchen zur Golfsportlerin. Bereits mit sechs Jahren begann sie zu golfen, später trainierte sie intensiv, um in den USA auf hohem Niveau zu spielen. Trotz finanzieller und gesundheitlicher Hürden während ihres Studiums blieb sie dem Sport treu. Heute arbeitet sie in einem Unternehmen, das Beruf mit dem Golfsport vereinbaren lässt, und begeistert sich für die Long Drive-Disziplin, bei der sie bereits international erfolgreich war. Sonya möchte Golf in Deutschland zugänglicher und dynamischer machen, um ein jüngeres Publikum anzusprechen.
Hallo Sonya, erzähl doch bitte kurz einmal etwas über dich
Ich bin 27 Jahre alt, aus Garmisch-Partenkirchen und ein echtes Kind der Berge. Mit sechs begann ich mit meiner Familie Golf zu spielen. Später wurde es ernst, als ich das Ziel hatte, College-Golf in den USA zu spielen. Mit 17 zog ich dorthin, kehrte danach in die Bundesliga zurück und bin jetzt beim Longdrive.

Warum hat es bisher nicht geklappt, Profi zu werden? Glaubst du, es könnte in Zukunft noch klappen?
Profigolf ist eine echte Herausforderung, vor allem wegen der finanziellen Belastungen. Es ist vergleichbar mit der dritten Liga im Herrengolf, der Pro Golf Tour: Zu Beginn sind die Preisgelder niedrig, während man viel Zeit und Geld in Reisen und Turniere investieren muss, um sich überhaupt erst einen Namen zu machen.
In den letzten Jahren war das für mich schwierig. Berufliche Veränderungen und eine hohe Arbeitsbelastung haben wenig Raum für Golf gelassen. Später hatte ich zwar mehr Zeit, aber das Geld war knapp, und es hat einfach nicht zusammengepasst. Trotzdem bin ich optimistisch, dass der Traum vom Profigolf noch nicht ausgeträumt ist.
Ich habe in den vergangenen Jahren Fortschritte gemacht und durch das Longdrive-Spiel viel gelernt. Das Schöne am Golf ist, dass Alter keine große Rolle spielt. Solange man körperlich fit bleibt, gibt es keine Grenzen. Wichtig ist, dass das Gesamtpaket stimmt.
Wie hast du damals ein Startup gefunden, das dich finanziell beim Golf unterstützt hat? Planst du etwas Ähnliches oder suchst du wieder?
Sowas ist definitiv wieder geplant. Im März 2022 wechselte ich zu einer Firma, die unsere Bundesliga-Mannschaft mit Bekleidung sponserte. Sie suchten Leute fürs Projektmanagement im Finanzbereich. Der Deal: ein paar Stunden pro Woche arbeiten, bei Finanzierungsrunden helfen, gleichzeitig Turniere spielen und ihr Branding tragen. Perfekt! Mittlerweile bin ich bei einer kleinen Softwareberatung in München als Data Analystin tätig, welche mir flexible Arbeitszeiten und kurzfristige Abwesenheiten ermöglicht.
Also top ausgebildet. Was hast du studiert und wie ging es weiter?
Im Anschluß an meine College Zeit und mein Masterstudium war ich ein Jahr bei der KPMG, im Financial Deal Advisory und in der Wirtschaftsprüfung. Das Herz hat aber weiter für den Sport geschlagen. Außerdem muss man in so einem Job auch spontan etwas dazwischenschieben können. Dass ich dann nach einem Jahr die Chance hatte, mein Nerd Leben an den Nagel zu hängen und wieder in den Leistungssport einzusteigen, war schon einfach super. Alles andere ist einfach ein Geschenk, wenn das mit Profigolf und Longdriving klappt.
Was ist damals in deinem Senior Year passiert, dass du nach dem College drei Jahre lang kein Golf spielen konntest?
In meinem Senior year, also in meinem vierten Jahr im College in den USA, habe ich mir Pfeiffersches Drüsenfieber geholt und das blieb lange unerkannt. Dementsprechend wurde ich weiterhin zum Training geschickt und habe das dann verschleppt. Ich war überhaupt nicht mehr belastbar, ständig krank und war bei vielen Ärzten. Dann kam noch dazu, dass ich mir im Frühjahr bei einem Turnier das Handgelenk verletzt hatte. Eigentlich nichts schlimmes, es war nichts gebrochen, sondern nur entzündet, das Ganze ist aber nicht abgeheilt. Dementsprechend konnte ich auch nicht spielen. Es ist einfach nicht besser geworden.
Gut, dass du dich zurück gekämpft hast und zurück bist. Du bist ja aus Garmisch-Partenkirchen, nun hast du eine neue Heimat gefunden im Valley. Was bedeutet dir dieser Platz, diese Trainingsmöglichkeiten?
Sehr viel. Hier habe ich den Berg Blick und fühle mich ein wenig heimisch. Zusätzlich ist es für mich die perfekte Location, weil der Club nah an meiner Heimat ist aber auch nah an München. Das heißt, für die Arbeit und für Freunde und Familie ist es super. Valley ist eine Wahnsinns Anlage, 27-Loch, 9-Loch Kurzplatz, lange Driving Range, Indoor Halle und Gym. Top Top Top! So viele Möglichkeiten.
Ich habe zwischenzeitlich quasi am Golfplatz gelebt: gespielt, gearbeitet, trainiert und oft dort übernachtet. Das war kein Opfer, sondern genau das, was ich wollte – den ganzen Tag draußen sein und trainieren.
Jetzt bist du Longdriverin und warst bei den Weltmeisterschaften. Wie ist das zustande gekommen?
Das ist eine witzige Geschichte. Martin Borgmeier und ich haben einen gemeinsamen Bekannten, mit dem ich zuvor schon länger über Golfthemen ausgetauscht hatte. Im Juni 2023 hat er mich angeschrieben und gefragt, ob ich nicht spontan am Wochenende mit ihm und Martin ein paar Golfvideos drehen will. Okay, passiert das gerade wirklich, habe ich mir gedacht, und sofort zugesagt. Über das Wochenende wurde gedreht und da meinte Martin zu mir, für eine Frau schlägst du den Ball schon ganz schön weit, wenn das mit dem Profi sein, nichts wird, dann kannst du ja überlegen, ob du in 2,3 Jahren zum Longdriving kommst.
Ein paar Wochen später kam die Einladung zu den European Longdrive Meisterschaften, da war das für mich erstmal einfach nur Spaß. Mich hat der Ablauf interessiert. Ich habe zugesagt und mir gedacht "jetzt scheiß drauf", fahr hin, sei dabei und schaue, wie das so ist, auf der Bühne zu stehen. Ich hatte ja keine Ahnung, was mich erwartet und keine Ahnung vom Reglement. Ich wusste nur, dass die Meisterschaften an einem Samstag in Warnemünde stattfinden. Ich bin mit dem VW Bus hochgefahren, habe auf halbem Weg im Auto geschlafen und man hat mir vor Ort erstmal erklären müssen, wie das alles so abläuft.
Falsch gemacht habe ich dann trotzdem ungefähr 1000 Sachen. Ich hatte zum Beispiel auch keine Teeclaw, als Linkshänderin besonders kompliziert, weil du konntest nur als Rechtshänder ordentlich aufteen, das heißt, ich musste mir so eine Teeclaw schnorren, hatte unterschiedlich lange Tees und hab es irgendwie gemeistert.
Also alles in allem war das sehr verrückt, aber so bin ich zum Longdrive gekommen und zur EM.
Da hast du gewonnen!
Ja, ja, ja, ja.
Du warst bei den Weltmeisterschaften dabei. Ist das ein realistischer Weg für dich oder nur eine Alternative zur Tour? Beides wäre ja möglich.
Ich bin im professionellen Longdriving schon angekommen. Die WM im ersten Jahr (2023) ist ja, auch wenn ich knapp an der zweiten Runde vorbei geschrammt bin, trotzdem sehr gut gelaufen für mich. Und ich war vom Speed her unter den Top fünf und das war super. Das ich im Folgejahr dann Bronze gewonnen hab, nach gut einem Jahr im Sport, war die Bestätigung. 350 yards, vor einem Jahr schier undenkbar.

Unter den Top drei der Welt, muss man sagen.
Es ist zwar noch ein kleines Segment des Golfsports, aber das ist schon eine Hausnummer. Es hat so viel Spaß gemacht, da habe ich mir gesagt, ich will auf jeden Fall weitermachen. Ich habe mit meinen Trainern gesprochen, Martin und Lee Cox, Lee ist einer der Trainer für Longdriving in Europa. Das Feedback war, wenn es mir Spaß macht, dann sollte ich das auf jeden Fall mal ein Jahr durchziehen.
Hinsichtlich des Profigolfs sind meine Vorbereitungen für die Q Schools (Qualifikationsturnier für LET) dementsprechend in den letzten beiden Jahren sehr kurz ausgefallen. Zwar hat mir der enorme Längenvorteil viel gebracht, aber es braucht eben doch Turniererfahrung und ausreichend finanzielle Rücklagen, um den mentalen und physischen Druck der Q-School standzuhalten. Aber das Ziel ist nach wie vor auch Profi Golf zu spielen und im besten Fall natürlich beides zu betreiben - ich kann auf der European Tour spielen und dann auch noch die fünf oder sechs Longdrive Events mitnehmen. Ich finde, es widerspricht sich beides nicht, auch wenn es viele Vorurteile hinsichtlich Longdrive gibt. Immer wieder höre ich: "Da geht es nur ums weit schlagen, damit machst du deinen Schwung kaputt!" Das stimmt aber nicht. Longdrive geht viel über Effizienz im Schwung, je weniger Abweichung oder Kurve du im Ball hast, desto weiter schlägst du natürlich. Dementsprechend wird die ganze Bewegung effizienter und du kannst auch mit 80% der Geschwindigkeit auf dem Ball schlagen, im normalen Golf und trotzdem sehr gut dabei sein.
Sieht man sich aktuelle Statistiken der Frauen im Profigolf an, stellt man fest, je weiter geschlagen wird, desto einfacher wird es mit dem Scoren. Der Weg ins Grün ist kürzer und das erhöht die Chancen.
Die Chancen, im Longdriving den Titel der Weltmeisterin zu holen, sind für mich entsprechend auch größer.
Trotzdem ist das normale Golfen auch meine große Leidenschaft. Es gibt nichts Schöneres als 18 -Loch über den Golfplatz zu schlendern, mit liebevollen Menschen und einfach so die Natur zu genießen.
Du hast deinem Driver einen Namen gegeben. Was kannst du uns dazu sagen?
Mausi! Genau wie meine Driver Haube. Die Maus aus Tom und Jerry. Der Hintergrund ist, dass meine Mama mit Nachnamen Maus heißt. Meine Eltern sind verheiratet, aber sie hat den Namen behalten und der ist mein Glücksbringer im Bag. Deswegen hängen überall auch so kleine Mäuse an meinem Bag. Die Drivemaus ist eine Erinnerung an meine Family. Meine Mama hat die gleiche Haube!

Drei Dinge, die du an Golf liebst?
Ich schätze die Verbundenheit mit der Natur und die Abwechslung im Golf. Jeder Tag ist anders – sei es durch den Platz, die Mitspieler oder das Spielgefühl. An einem Tag läuft es gut, am nächsten nicht. Wichtig ist, dass man im kurzen Spiel performt. Golf ist vielfältig, und man trifft viele interessante Persönlichkeiten.
wie muss sich der Golfsport in Deutschland verändern, besonders nach deinen Erfahrungen in den USA?
Golf muss jünger, dynamischer und lockerer werden. Viele probieren es aus, trauen sich aber nicht auf den Platz, weil das Image noch elitär ist. Es sollte darum gehen, Bälle zu schlagen und Spaß zu haben, vielleicht auch mit Musik. Ich finde, Golf muss entspannter werden – die Etikette bleibt, aber Musik oder Sportkleidung sind völlig in Ordnung. Durch Longdrive versuche ich, dieses Image zu verändern und Vorurteile abzubauen. Golf kann auch locker und spaßig sein.
Mehr über Sonya findet ihr auf ihrem Instagram Kanal:
Sonya auf Instagram.
Das Interview führte Sebastian Benesch